12 Monate Repair Café – Wenn Wünsche wahr werden

Haben Sie schon einmal von dem alten Brauch gehört, zur Wintersonnenwende 13 Wünsche für das neue Jahr auf kleine Zettel zu schreiben? Die Idee ist, zwölf davon in den Raunächten ungeöffnet zu verbrennen – einer für jeden Monat – während der letzte Wunsch verbleibt. Dieser soll uns daran erinnern, selbst aktiv zu werden, ihn zu erfüllen. Mein Wunschzettel im letzten Jahr trug die Worte: Ich wünsche mir, dass weniger unnütze Fast Fashion gekauft wird, die Mensch und Umwelt schadet.

Ich hätte es dabei belassen können, einfach meinen eigenen Modekonsum zu beschränken. Doch mit meinem minimalistischen Kleiderschrank überwiegend aus Secondhand und Selbstgenähtem wäre der Effekt begrenzt geblieben. Um mehr zu bewirken, musste ich andere für Slow Fashion begeistern und zeigen, dass entschleunigte Mode kein Verzicht ist, sondern Freude macht. So wuchs die Idee für ein Repair Café.

Ein Wunsch wird Wirklichkeit

Der erste Schritt war, ein Team von handwerklich geschickten Leuten zu finden, die bereit wären, ihre Zeit und ihr Wissen in entspannter Runde zu teilen. Kaum hatte ich davon erzählt, hörte ich Sätze wie: „Ich kenne da jemanden …“. So lernte ich Nicole, Profi aus der Bekleidungsindustrie und Elsina, versiertes Allroundtalent mit viel Erfahrung kennen.

Als Nächstes brauchten wir einen geeigneten Ort. Dank des Brockenhaus Cafés konnten wir in gemütlichem Rahmen starten, vorerst ohne uns um Mietkosten oder die Bewirtung Gedanken machen zu müssen. Zudem ist das Brockenhaus eine Schatzkammer an Stoffen, Garnen und Werkzeugen. Schnell wurde jedoch klar: Die Nachfrage war größer als unser Angebot, und wir wollten die Möglichkeiten erweitern vom Flicken von Hand um Nähte mit der Maschine.

Vom No-Budget- zum Low-Budget-Projekt

Dank der Unterstützung des Landes Vorarlberg konnten wir gebrauchte Nähmaschinen kaufen und einen großen, hellen Seminarraum samt Teeküche mieten. Das Team wuchs, und mit Ulrike kam eine wundervolle Gastgeberin für Kaffee und Kuchen hinzu.

Wir haben nicht gezählt, wie viele Kleidungsstücke gerettet oder wie viele Menschen inspiriert wurden. Aber eines wissen wir: Es bleibt nicht bei den Reparaturen im Café. Wer ein Loch in den Socken stopft oder den abgerissenen Aufhänger der Lieblingsjacke annäht, bekommt oft Lust, auch den Flickkorb zu Hause anzugehen. Manche kommen stolz zurück und fragen: „Darf ich trotzdem wieder dabei sein, auch wenn ich grad gar nichts mehr zu reparieren habe?“

So entstand bald die Idee, auch ungenutzte Kleidung in Angriff zu nehmen. Warum nicht gut erhaltene Stücke, die zu klein oder zu groß geworden sind oder einfach nicht mehr gefallen, tauschen oder verschenken? Kleinere Änderungen oder Reparaturen können direkt vor Ort erledigt werden und ungebrauchte Teile spenden wir im Anschluss ans Brockenhaus.

Kleidertausch im Repair Café

Ein Jahr, das Lust auf mehr macht

Bei unserem letzten Treffen im alten Jahr blickten wir auf ein aufregendes Jahr zurück – voll neuer Erfahrungen und spannender Entwicklungen. Die Frage, ob wir weitermachen wollen, war schnell beantwortet: Ja, unbedingt! Warum? Weil die Atmosphäre im Repair Café eine Energie versprüht, die alle Beteiligten bereichert. Ehrenamt wie es sein soll, keine Last, sondern eine Quelle der Freude und Inspiration.

Doch das hätte ich allein nicht geschafft. Teamarbeit war für mich ungewohnt – ich bin eher die Individualistin, die am liebsten alles selber macht. Doch dieses Projekt hat gezeigt, wie unverzichtbar und wertvoll Zusammenarbeit ist durch den Austausch von Erfahrungen, durch ergänzende Talente, effizientes Arbeiten bei komplexen Tätigkeiten.

Und wie geht es weiter?

Beflügelt von dem, was wir mit viel Freude im letzten Jahr bewegen konnten, reifte der Entschluss, nicht nur das Repair Café weiterzubetreiben, sondern weitere kleine Projekte entstehen zu lassen, die unsere Welt ein kleines Stück besser machen. So haben wir im Hintergrund bereits einen Verein für diese Zwecke gegründet, mit dem uns spannende Möglichkeiten offen stehen. Jeder Schritt birgt neue Herausforderungen und Chancen – aber davon erzähle ich Ihnen in Kürze.

An dieser Stelle möchte ich meinen Dank aussprechen, natürlich Elsina, Ulrike und Nicole, die meiner ursprünglichen Idee Flügel verliehen haben und all den Gästen der Repair Cafés, die neugierig waren und durch ihr Feedback zur weiteren Entwicklung beigetragen haben. Aber auch meinen Eltern, die mir beigebracht haben, dass man aus nichts etwas machen kann. Und meinen Handarbeitslehrerinnen mit wenig Sinn für Kreativität, die mich durch ihre negativen Bewertungen herausgefordert haben. Und natürlich Ihnen, liebe Leser, die Sie dieses Projekt aufmerksam verfolgt und unterstützt haben. Gemeinsam machen wir die Welt ein Stück besser – einen Stich, eine Naht, eine Idee nach der anderen.

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