Wir Menschen sind wie kein anderes Lebewesen in der Lage Wissen und Erfahrungen zu sammeln, Zusammenhänge zu erkennen und eigenen Vorstellungen davon zu entwickeln, wer wir sind und wie wir leben wollen. Diese typisch menschliche Intelligenz verdanken wir unserem komplexen, hoch entwickelten Gehirn – so die landläufige Meinung.
So messen wir den Intelligenzquotienten, um mehr oder weniger intelligente Menschen unterscheiden zu können und vermuteten lange, dies sei wohl genetisch bedingt. Die Hirnforschung der letzten Jahrzehnte hat inzwischen jedoch vieles infrage gestellt, was wir bisher über unser Denken und Handeln, über unser Zusammenleben gedacht hatten.
Denn genetisch gesehen verfügen wir über unser Gehirn nur das Potenzial zu Intelligenz. Ob und in welchem Ausmaß wir es entfalten, hängt von den Erfahrungen ab, die wir im Laufe des Lebens machen. Dadurch steigt die Bedeutung sozialer Beziehungen, in denen wir die Lernerfahrungen machen, die unser Gehirn so strukturiert, dass wir möglichst gut durchs Leben kommen.
Damit ist Intelligenz aber keine individuelle Fähigkeit, sondern das Ergebnis, das im Austausch von Wissen und Erfahrung mit anderen Menschen entsteht. Wir brauchen diesen Austausch, um nicht kollektiv zu verblöden. Dieser Austausch funktioniert jedoch nicht, wenn sich einer für klüger hält und den anderen vorschreiben will, wie sie zu denken und zu handeln haben.
Wie kann es gelingen, diesen Austausch auf Augenhöhe in einer Welt, die noch von Vorstellungen über unser Denken, Fühlen und Handeln des vorigen Jahrhunderts geprägt ist, zu kultivieren?
Das kann nur dort sein, wo Menschen miteinander in den Dialog treten, wo sie ihre unterschiedlichen Erfahrungen, Vorstellungen und Überzeugungen austauschen, wo neue Sichtweisen entstehen, Konflikte konstruktiv gelöst werden und nachhaltige Lösungen für Probleme gefunden werden.
Dort, wo man ausbricht aus dem Käfig des Gedachten und eintritt in den Kosmos des gemeinsamen Denkens.
Literatur:
M., J., T. Hartkemeyer: Dialogische Intelligenz. Info3-Verlagsgesellschaft. Frankfurt, 2015.
Filmtipp:
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