Es gibt zwei Arten, wütend zu sein. Eine kann das Leben ruinieren. Die andere kann es retten. In den letzten Jahren haben viele wahrscheinlich beide Arten von Wut gespürt. Das ist an sich in Ordnung. Wichtig ist jedoch, die beiden unterscheiden zu können, denn destruktive Wut mit konstruktiver zu verwechseln kann großen Schaden zufügen.
Zwei Arten von Wut
Dante Alighieri beschreibt in der Göttlichen Komödie, eine fiktive Reise durch die Hölle (das Inferno) und hinauf in den Himmel (das Paradies). Nahe dem Grund des Infernos trifft Dante auf einen Fluss aus kochend heißem Blut. Er ist voller Menschen, die ein Leben geführt haben, das von ihrer eigenen Gewalt dominiert war. Sie schwimmen herum, hassen ihre Situation und einander, und versuchen, sich gegenseitig die Gesichter abzubeißen. Nennen wir diese Art „blinde Wut“.
Später, nachdem Dante das Inferno ganz durchquert hat und auf dem Weg zum Paradies ist, begegnet er einer anderen Art von Wut. Verschiedene weise Seelen lehren ihn, mit Ungerechtigkeit oder Problemen umzugehen, indem sie Probleme wahrnehmen, freie Entscheidungen treffen, Informationen sammeln und handeln, um störende Situationen zu ändern. Nennen wir dies „erkennende Wut“.
Das blindwütige Gehirn
Es gibt einen ziemlich primitiven Teil unseres Gehirns, der in den „Kampfmodus“ umschaltet, wenn wir uns bedroht fühlen – selbst wenn die Bedrohung nur eingebildet ist oder dadurch entsteht, dass jemand, dem wir vielleicht niemals begegnen werden, anderer Meinung ist, als wir selbst.
Übernimmt dieses Gehirnareal die Kontrolle, werden wir immer wütender. Es kann sein, dass wir uns mit anderen, „Gleichgesinnten“ zusammentun, unsere Wut teilen und uns in eine regelrechte Raserei hineinreden. Blinde Wut kann normalerweise völlig unauffällige Menschen in einen mörderischen Mob verwandeln.
Treibt uns diese Art von Wut an, wissen wir, dass wir recht haben und nichts kann uns umstimmen. Dieser Teil des Gehirns hat keinen Zugang zur Logik, widersprechende handfeste Beweise können genau das Gegenteil bewirken, denn es geht einzig um die glühend heiße Überzeugung.
Das erkennende Gehirn
Während blinde Wut nur schnell urteilt, geht es bei erkennender Wut darum, sorgfältig zu urteilen. Wir werden neugierig. Was ist wirklich passiert? Warum denkt der andere so und was steckt dahinter? Warum denke und fühle ich selbst so?
Das lässt unerwartete Informationen finden, eröffnet neue Perspektiven, ermöglicht Mitgefühl und schenkt kreative Lösungen für beide Seiten eines Problems. Natürlich, der unmittelbare Kick, den uns das Gefühl der Selbstgerechtigkeit schenkt, fehlt: die Freude, einen bösen Post zu schreiben, zu schimpfen oder zu klatschen. Doch der Rausch ist kurz. Erkennende Wut hingegen schenkt uns die Art von Energie, die wir aus gesunder Nahrung beziehen. Sie macht unser Leben – und die Welt – besser.
Blinde oder erkennende Wut?
In der Hitze des Gefechts mag es schwierig sein, zu erkennen, welche Art von Wut wir empfinden. Hier sind ein paar Kriterien, die hilfreich sein können, zu bestimmen, was gerade bei uns abläuft:
Blinde Wut
Erkennende Wut
Urteilt schnell und impulsiv.
Wägt sorgfältig ab.
Badet in der eigenen Wut.
Trachtet danach, die Wut zu reduzieren.
Es gibt die Anderen. „Wir gegen sie.“
Alle Menschen sind verbunden.
Hat Wissen und Wahrheit gepachtet.
Sucht nach neuen Informationen.
Hat kein Interesse an Einfühlungsvermögen.
Ist empathisch und mitfühlend.
Besteht auf Unfehlbarkeit.
Zweifelt und kann Fehler eingestehen.
Sich gemäß der linken oder der rechten Spalte zu verhalten, kann den Unterschied zwischen einem Inferno und dem Weg zu Paradies ausmachen. Wie transformiert man aber seine blinde Wut?
Der Wandel von destruktiv zu konstruktiv
Schritt eins: Blinde Wut erkennen
Der erste Schritt ist die Erkenntnis, dass man sich darin befindet. Irgendwann erkennt man vielleicht, dass die Momente manischer Freude, wenn jemand Leid erfährt, auf den wir wütend sind, nur kurz sind und uns schaden, anstatt glücklich zu machen.
Schritt zwei: Auf unsere Werte konzentrieren
Der Psychologe Steven Hayes entdeckte, dass wir unsere „Kampf“-Reaktion abschalten, wenn wir aufhören, uns auf die „Schlechtigkeit“ anderer Menschen zu konzentrieren, und stattdessen unsere eigenen Werte betrachten.
Er schlägt vor, unsere Werte zu definieren, indem wir ein Verb und ein Adverb, kombinieren. Diese Zwei-Wort-Kombination sollte einen Wert zusammenfassen, den wir leben möchten: Bedingungslos lieben, ständig suchen, inspirierend lehren oder was auch immer passend ist.
Übung: Welche Verb & Adverb Kombination beschreibt einen Wert, den Sie gerade haben?
Schon das Nachdenken darüber und das Suchen nach den eigenen Werten, kann bewirken, dass die Wut sich verändert.
Schritt drei: Etwas Nützliches schaffen
Übung: Sobald der eigene Wert definiert ist, fragen Sie sich: "In Bezug auf das, was mich so aufregt, was ist das Nützlichste, was ich schaffen kann?"
Lassen Sie die Antwort ganz von selbst kommen, ohne sich zu sehr zu verkopfen. Hören Sie stattdessen darauf, was Ihr Herz Ihnen vorschlägt. Ob Sie nun Müll im Wald sammeln oder Ihre vegetarischen Rezepte öffentlich zugänglich machen, eine Lesegruppe gründen, Ihre Nachbarn am Wochenende zum gemeinsamen Resteessen einladen, verwilderte, öffentliche Flächen zum freien Ernten bepflanzen, ein Repair Café ins Leben rufen ist völlig egal.
Vom Zerstören zum Erschaffen
Energie von blinder Wut in erkennende Wut zu transformieren, ist der Schlüssel für ein besseres Leben für uns selbst und für eine bessere Welt für uns alle. Einerlei, welche Meinungen wir haben, dieser Prozess des Wandels ist der Unterschied zwischen Himmel und Hölle, zwischen Krieg und Frieden. Lassen Sie uns Probleme mit Entdeckergeist untersuchen und alles schaffen, was wir können, um sie zu lösen, anstatt unsere Energie darauf zu verwenden, die „Anderen“ abzuwerten und anzugreifen.
Sie wünschen sich Inspiration in einer kreativen Gruppe? Dann ist vielleicht ein Dialog mit Respekt das Richtige für Sie. Sie tun sich schwer mit dem Weg von der blinden Wut in die erkennende Wut und fallen dabei vielleicht sogar in lähmende Lethargie? Dann lassen Sie uns Ihre Stärken und Talente im persönlichen Gespräch entdecken.
Sonnwend rückt näher. Die Wildrosen stehen in voller Blüte und verströmen ihren betörenden Duft. Die alten Linden haben das Festtagsbuffet für die Bienen eröffnet. In der Waldlichtung schwirrt und summt es. Die laue Sommerluft vibriert über den wogenden Gräsern. Das Leben ufert aus. So wie die drei Bienenvölker, die in den letzten Tagen geschwärmt sind und nun hier am Waldrand ihre neue Heimat gefunden haben. Ich schließe die Augen und überlasse mich dem Tanz der Natur. Freude, Friede, Schaffensgeist.
Das Bienenvolk fasziniert Naturwissenschaftler, Philosophen und Soziologen seit Jahrhunderten. Als hochorganisiertes soziales System bietet es uns Einblicke in Kooperation, Arbeitsteilung, Kommunikation und Gemeinschaftsleben. Diese strukturierten und funktionalen Aspekte des Bienenstaats, wie Altruismus, Kollektive Intelligenz, Resilienz und Anpassungsfähigkeit, soziale Hierarchie und Führung können als Modell dienen, um menschliche Gesellschaften zu verstehen und zu verbessern.
Doch darum wird es in diesem Artikel nicht gehen. Auch nicht um die symbolische Bedeutung der Bienen im spirituellen Kontext oder die faszinierende Geometrie des Bienenstocks, insbesondere der sechseckigen Waben.
Bienen können auf noch ganz andere Weise in diesen turbulenten Zeiten zur Konfliktlösung und Stabilität beitragen. Die kleinen Bestäuber spielen nicht nur eine entscheidende Rolle in unseren Ökosystemen, sondern könnten auch wesentlich zur Konfliktlösung, Ernährungssicherheit, Stärkung gefährdeter Gruppen und sogar zur Diplomatie beitragen.
Die Rolle der Bienen bei der Konfliktlösung
Bienenprojekte können als Katalysatoren für den Frieden dienen, indem sie gemeinschaftliche Bindungen stärken und wirtschaftliche Chancen schaffen. In Regionen, die von ethnischen oder politischen Spannungen betroffen sind, bringen gemeinschaftliche Imkerei-Projekte Menschen unterschiedlicher Hintergründe zusammen. Diese Zusammenarbeit ermöglicht es, Vorurteile abzubauen und gegenseitiges Verständnis zu fördern. Ein beeindruckendes Beispiel ist das „Hive Uganda„-Projekt, das Gemeinschaften unterstützt, durch Imkerei wirtschaftlich unabhängig zu werden und gleichzeitig soziale Kohäsion zu fördern.
Ernährungssicherheit durch Bestäubung
Bienen sind unerlässlich für die Bestäubung vieler Nutzpflanzen, die unsere Ernährungssicherheit garantieren. Ohne Bienen würde die Produktion von Obst, Gemüse und Nüssen drastisch sinken, was zu Ernährungsengpässen und erhöhten Lebensmittelpreisen führen würde. Durch die Förderung der Imkerei und den Schutz von Bienenpopulationen können Gemeinschaften ihre landwirtschaftliche Produktivität und Ernährungssicherheit verbessern. Projekte wie „Bees for Development“ haben in vielen Ländern gezeigt, dass die Unterstützung von Kleinbauern bei der Imkerei zu einer stabileren Nahrungsmittelversorgung führt und gleichzeitig das Einkommen erhöht.
10 positive Effekte, wie Bienen das Leben verbessern können:
Bienen erhalten die Artenvielfalt. Durch die Pflege der Bienen kümmern wir uns um unsere Umwelt.
Bienen sorgen für gute Bestäubung: Das bedeutet eine Verbesserung der Ernteerträge und Gewinne für Landwirte.
Honig und Bienenwachs werden in jeder Gesellschaft geschätzt und generieren ein lohnendes Einkommen.
Die Produkte von Bienen liefernMedikamente, zum Beispiel Honig für die Wundpflege und Propolis, das antibakterielle und antimykotische Eigenschaften hat.
Bienenstöcke können aus lokalen Materialien hergestellt werden – sie können kostengünstig odersogar kostenlos sein. Bienenschwärme sind oft frei verfügbar. Sinnvollerweise werden lokale Bienenarten verwendet.
Imkern muss nicht zeitaufwändig sein und geht neben der Zeit, die in der Kinderbetreuung oder Landwirtschaft gebraucht wird.
Bienen finden ihre eigene Nahrung, indem sie blühende Pflanzen suchen, wo immer sie wachsen. Daher ist die Imkerei auch für Landlose möglich.
Die Produkte der Bienen: Honig, Bienenwachs, Pollen und Propolis können verwendet werden, um wertvolle Sekundärprodukte herzustellen – das schafft Einkommensspielmöglichkeiten für mehr Menschen.
Imkerei ermöglicht Einkommensgenerierung ohne Zerstörung des Waldes oder eines anderen Lebensraums. Darüber hinaus bietet Bienenschutz einen finanziellen Anreiz zum Schutz des Lebensraums.
Imkerei ist die perfekte selbsterhaltende Aktivität. Durch die Bestäubung von blühenden Pflanzen ernähren sich die Bienen selbst und sichern für zukünftige Generationen Nahrung. Auf diese Weise wird die Artenvielfalt erhalten.
Stärkung armutsgefährdeter Gruppen
Imkerei bietet insbesondere armutsgefährdeten Gruppen wie Frauen und Jugendlichen in ländlichen Gebieten eine Einkommensquelle und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Durch gezielte Schulungsprogramme können diese Gruppen die Fähigkeiten erwerben, die sie benötigen, um erfolgreich in der Imkerei tätig zu sein. Ein bemerkenswertes Projekt ist „African Women in Beekeeping„, das Frauen in afrikanischen Ländern Ausbildung und Unterstützung bietet, um durch Imkerei finanziell unabhängig zu werden.
Diplomatie und internationale Zusammenarbeit
Die Imkerei kann auch als Instrument der Diplomatie dienen. Durch den Austausch von Wissen und bewährten Praktiken im Bereich der Bienenzucht können Länder und Gemeinschaften grenzüberschreitend zusammenarbeiten. Internationale Konferenzen und Netzwerke wie „Apimondia“ fördern den globalen Austausch und die Zusammenarbeit im Bereich der Bienenzucht, was zu einem besseren Verständnis und einer stärkeren globalen Zusammenarbeit führen kann.
Ökologische und soziale Widerstandsfähigkeit
Bienen tragen zur ökologischen Widerstandsfähigkeit bei, indem sie zur Biodiversität und zur Gesundheit unserer Ökosysteme beitragen. Ein starkes Ökosystem kann besser mit den Herausforderungen verschiedenster Umweltprobleme umgehen. Durch innovative Bestäuberprojekte können lokale Gemeinschaften nicht nur ihre Umwelt schützen, sondern auch soziale und wirtschaftliche Stabilität erreichen. Projekte wie „The Honeybee Conservancy“ fördern nachhaltige Bienenzucht und den Schutz von Bestäubern weltweit. Mellifera ist ein deutsches Projekt, das sich der wesensgemäßen Bienenhaltung und der Gestaltung ihrer Lebensräume widmet.
Bewusstsein und Förderung bewährter Verfahren
Um das Bewusstsein für die wichtige Rolle der Bienen zu schärfen, sind Bildung und Öffentlichkeitsarbeit entscheidend. Schulen, Gemeinden und Regierungen sollten Programme unterstützen, die die Bedeutung der Bienen und der Imkerei hervorheben. Der Austausch bewährter Verfahren durch internationale Netzwerke und Organisationen kann lokale Gemeinschaften weltweit dabei unterstützen, von erfolgreichen Modellen zu lernen und sie anzupassen.
Bienen sind weit mehr als nur Bestäuber; sie sind Friedensstifter, Ernährer und Vorbilder für Zusammenarbeit und Widerstandsfähigkeit. Indem wir Bienen und die Imkerei fördern, können wir einen positiven Beitrag zur Konfliktlösung, Ernährungssicherheit, Stärkung gefährdeter Gruppen und internationalen Diplomatie leisten. Lassen Sie uns in diesen turbulenten Zeiten gemeinsam daran arbeiten, das Bewusstsein für die Bedeutung der Bienen zu schärfen. Schützen Sie die heimischen Bienen, indem Sie Blühpflanzen setzen, die als Nektar- und Pollenquelle dienen. Verzichten Sie konsequent auf chemische Pestizide und Herbizide, auch solche, die sich auf Pflanzen befinden, die man in Gärtnereien erwerben kann. Nehmen Sie an Workshops teil oder schauen Sie einem befreundeten Imker über die Schulter. Denken Sie auch an Wildbienen und lassen Sie Bereiche mit Totholz und Geäst im Garten zu, die bodenbrütenden Arten eine Nistmöglichkeit bieten.
To make a prairie it takes a clover and one bee, One clover, and a bee, And revery. The revery alone will do, If bees are few.
Emily Dickinson
Es braucht nicht viel für ein blühendes Leben. Eine Biene. Etwas Klee. Und etwas Schwärmerei.
Aber selbst wenn der Klee rar ist und der Bienen wenig, tuts die Kraft des Träumens, um an der Wirklichkeit zu bauen, die man sich wünscht.
Einst zerfetzt, heute liebevoll geflickt: Jeans haben eine reiche kulturhistorische Bedeutung, die sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt und verschiedene soziale, politische und kulturelle Bewegungen widerspiegelt.
Arbeitskleidung und Robustheit
Jeans wurden ursprünglich im späten 19. Jahrhundert als robuste Arbeitskleidung für Goldgräber, Cowboys und Fabrikarbeiter entwickelt. Levi Strauss und Jacob Davis erfanden die Jeans, um den Bedürfnissen dieser Arbeiter gerecht zu werden. Die Robustheit der Hosen war entscheidend, und das Flicken war eine notwendige Praxis, um die Lebensdauer der Kleidung zu verlängern.
1950er Jahre: Rebellion und Jugendkultur
In den 1950er Jahren wurden Jeans zum Symbol der Rebellion gegen die etablierte Ordnung, vor allem durch Filme wie „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ mit James Dean. Das Tragen von Jeans, ob geflickt oder nicht, wurde zum Ausdruck einer neuen, unabhängigen Jugendkultur, die sich gegen die traditionellen Werte der Nachkriegszeit stellte.
1960er und 1970er Jahre: Hippie- und Punk-Bewegung
In den 1960er Jahren wurden geflickte und verzierte Jeans zum Markenzeichen der Hippie-Bewegung. Die Hippies verwendeten Patches, Stickereien und andere kreative Elemente, um ihre Kleidung zu personalisieren und ein Statement gegen den Konsumismus und für Frieden und Liebe zu setzen.
In den späten 1970er Jahren übernahm die Punk-Bewegung zerrissene Jeans als Teil ihrer ästhetischen und politischen Rebellion. Bands wie die Sex Pistols und The Ramones trugen sie als Ausdruck von Anti-Establishment und Nonkonformismus. Die Risse und Löcher symbolisierten eine Ablehnung der bürgerlichen Ordnung und die Desillusionierung gegenüber der Gesellschaft.
1980er Jahre: Mainstream und Kommerzialisierung
In den 1980er Jahren wurden zerrissene Jeans zunehmend kommerzialisiert und fanden ihren Weg in die Mainstream-Mode. Designer begannen, zerrissene Jeans zu produzieren, was zu einer Entpolitisierung des ursprünglichen rebellischen Symbols führte.
1990er Jahre: Grunge-Bewegung und Alternative Rock
In den 1990er Jahren wurden zerrissene Jeans durch die Grunge-Bewegung erneut populär. Bands wie Nirvana und Pearl Jam trugen sie als Teil ihres unprätentiösen und gegenkulturellen Stils. Der Grunge-Look war eine Absage an die glamouröse Mode der 1980er Jahre und stand für Authentizität und eine raue Ästhetik.
2000er und 2010er Jahre: Retro-Trends und Individualität
In den 2000er und 2010er Jahren erlebten zerrissene und geflickte Jeans ein Comeback als Retro-Trend. Sie wurden von einer neuen Generation entdeckt und individualisiert. Der DIY-Geist kehrte zurück, wobei Menschen ihre Hosen selbst zerrissen oder flickten, um ihre Individualität und Kreativität auszudrücken.
Nachhaltigkeit und Ethik
In den letzten Jahren hat die Nachhaltigkeitsbewegung das Flicken von Jeans wiederbelebt. Angesichts der Umweltprobleme durch die Fast-Fashion-Industrie sind geflickte Jeans zu einem Symbol für nachhaltigen Konsum und bewusste Lebensweise geworden. Menschen flicken ihre Jeans, um deren Lebensdauer zu verlängern und Ressourcen zu schonen.
Kulturelle Aneignung und Globalisierung
Mit der Globalisierung hat sich die Mode der zerrissenen und geflickten Jeans weltweit verbreitet. Sie ist nicht mehr auf bestimmte kulturelle oder soziale Gruppen beschränkt, sondern wird in verschiedenen Kontexten und Kulturen getragen. Dies führt auch zu Diskussionen über kulturelle Aneignung und die Bedeutung von Mode in verschiedenen kulturellen Kontexten.
Geflickte und zerrissene Jeans sind somit nicht nur Kleidungsstücke, sondern tragen eine Vielzahl von kulturellen, sozialen und politischen Bedeutungen in sich, die sich über die Jahrzehnte entwickelt haben.
Interessant ist der Übergang vom Zerstören der Jeans, der auch von der Modeindustrie aufgegriffen wurde (etwa mit den Stonewashed Jeans), zum liebevollen Flicken von „Jeans fürs Leben“. Damit wandelte sich auch die Art des Protests.
Kritik an Konsum und Wegwerfkultur: Geflickte Jeans sind ein starkes Statement gegen die Wegwerfkultur. Indem man beschädigte Kleidung repariert und weiterträgt, wird die Praxis des bewussten Konsums und der Nachhaltigkeit betont, anstatt auf schnelle, billige und kurzlebige Mode zu setzen.
Wertschätzung und Wiederverwendung: Das Flicken kann eine Botschaft der Wertschätzung und Wiederverwendung von Ressourcen senden. Es zeigt, dass Kleidung, auch wenn sie beschädigt ist, noch einen Wert hat und nicht sofort weggeworfen werden sollte. Dies richtet sich gegen die Verschwendung und die negativen Umweltfolgen der Modeindustrie.
Selbstbestimmung und Individualität: Geflickte Jeans können auch Individualität und Kreativität ausdrücken. Das Reparieren von Kleidung ist ein persönlicher und kreativer Akt, der die Fähigkeit zur Selbstbestimmung und zur Ablehnung standardisierter, massenproduzierter Mode zeigt. Es kann ein Zeichen dafür sein, dass man sich von gesellschaftlichen Normen und Erwartungen befreien will.
Solidarität und sozioökonomische Aussagen: Das Tragen von geflickten Jeans kann Solidarität mit Menschen ausdrücken, die sich keine neue Kleidung leisten können. Es kann auch eine Kritik an sozialen Ungleichheiten und der Diskrepanz zwischen Arm und Reich sein. Indem man bewusst geflickte Kleidung trägt, kann man auf die Notwendigkeit aufmerksam machen, soziale Gerechtigkeit und gleiche Chancen für alle zu fördern.
Zusammengefasst sind geflickte Jeans viel mehr als reparierte Kleidung: Sie sind eine Protestaktion visueller und symbolischer Art, um verschiedene wichtige Themen anzusprechen, darunter Nachhaltigkeit, Kritik an der Konsumkultur, soziale Gerechtigkeit und die Feier von Individualität und Kreativität.
Sie möchten tiefer in die Welt des Flickens eintauchen? Dann lassen Sie uns bei einem der nächsten Repair Café plaudern:
Der Trend aus dem heimischen Wohnzimmer oder dem Repair Café findet auch immer mehr Einzug in kleine Handwerksbetriebe, die auf diese Weise Einzelstücke kreieren. Etwa Kapujeans aus Österreich. Die Basisjeans sind von den ikonischen Marken Levis, Lee, Wrangler oder Mustang aus zweiter Hand. Die Flicken stammen von getragenen Kleidungsstücken. Die Unikate erzählen jeweils eine eigene Geschichte. Die Nähte werden mit hochwertigen Baumwollgarnen gefertigt.
Jeans sind nicht nur Alltagskleidung. Sie können ein Statement sein.
Herzkohärenz ist ein kraftvoller gleichmäßiger Herzrhythmus, der einhergeht mit innerer Gelassenheit, Freude, Frieden, Liebe.
Gefühle haben ihren Sitz im limbischen System, das entwicklungsgeschichtlich viel älter ist als der Neokortex, der Sitz unseres Denkens und des Bewusstseins.
Dieser Teil des Gehirns funktioniert weitgehend unwillkürlich und reflexartig. Auch Blutdruck, Herzschlag, Immunsystem und Verdauung sind beispielsweise so gesteuert. Stress und starke Emotionen können dieses normalerweise reibungslos funktionierende System jedoch aus dem Takt bringen: Man kommt nicht mehr zur Ruhe, schläft schlecht, leidet unter Magen- oder Darmproblemen, die Abwehrkräfte machen schlapp.
Der Volksmund sieht sprichwörtlich den Ursprung der Emotionen im Herzen: Das Herz kann einem in die Hosen rutschen. Es kann uns schwer ums Herz sein. Oder es hüpft in der Brust. Manchmal schlägt es bis zum Hals. Wir verschenken unser Herz. Wir nehmen uns Dinge zu Herzen. Gelegentlich folgen wir der Stimme unseres Herzens. Wir finden manches herzzerreißend. Manche haben das Herz am rechten Fleck. Botschaften können uns treffen wie ein Stich ins Herz.
Und tatsächlich gibt es zahlreiche Hinweise dafür, dass das Herz auch biologisch eng mit unseren Emotionen verknüpft ist.
Wenn wir gestresst sind, Angst haben, traurig oder wütend sind, wird der Herzschlag unrhythmisch. Positive Emotionen hingegen führen zu einem regelmäßigen, gleichförmigen Muster von Atmung und Herzschlag. Mittels Biofeedback lässt sich dies in sinusförmigen Wellenlinien darstellen. Diesen Zustand nennt man Herzkohärenz.
Aber auch ohne Biofeedback können Sie Herzkohärenz in den Alltag bringen:
1. Hier und Jetzt
Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre Herzregion. Konzentrieren Sie sich nun auf die Mitte Ihrer Brust – auf den Herzbereich. Wenn Sie möchten, können Sie Ihre Hand über Ihr Herz legen. Falls Sie mit den Gedanken abschweifen, lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit einfach wieder zurück auf die Herzgegend.
2. Atmen
Während Sie sich auf den Herzbereich konzentrieren, stellen Sie sich vor, wie Ihr Atem durch diese Körperregion ein- und ausströmt. Atmen Sie tief ein und langsam und leicht wieder aus. Die Konzentration fällt leichter, wenn Sie beim Einatmen „Ein“ denken und beim Ausatmen „Aus“ (oder tief – langsam, ruhig – leicht). Machen Sie das so lange, bis Ihr Atem ruhig und gleichmäßig fließt und Sie ihn nicht mehr kontrollieren müssen. Ihr Atem und Ihr Herzrhythmus gleichen sich aneinander an. Atmen Sie entspannt weiter, bis Sie einen natürlichen inneren Rhythmus finden, der sich für Sie gut anfühlt.
3. Fühlen
Erinnern Sie sich, während Sie ruhig und konzentriert weiteratmen, an einen Moment innerer Freude und versuchen Sie dieses Gefühl erneut zu erleben. Das kann ein Gefühl von Wertschätzung oder Fürsorge für eine bestimmte Person oder auch ein Haustier gewesen sein, oder ein Ort, an dem Sie sich wohlfühlen, oder eine Tätigkeit, die Sie mit Begeisterung machen. Falls Sie gerade nichts dabei empfinden, ist das auch in Ordnung. Versuchen Sie es einfach weiter und beobachten Sie während dessen Ihre Emotionen. Wenn sich eine positive Erinnerung und das damit verbundene Gefühl eingestellt hat, atmen Sie das Gefühl ein und aus. Atmen Sie Wertschätzung, Glück oder Schönheit; oder atmen Sie Ausgeglichenheit ein und Vergebung aus, atmen Sie Liebe ein und Mitgefühl aus, atmen Sie Freude ein und Leichtigkeit aus, …
4. Weit werden
Wenn Sie diese ersten drei Schritte einigermaßen beherrschen, können Sie dieses Gefühl der Wertschätzung aufrechterhalten und es gleichzeitig auch auf andere lenken. Wenn Ihre Gedanken abschweifen, lenken Sie die Atmung wieder sanft zurück auf die Herzregion und verbinden sich erneut mit dem Atem und den Gefühlen.
5. Immer und überall
Üben, üben, üben Sie, bis die Herzkohärenz ein Reflex wird. Zum Beispiel immer, wenn Sie durch einen Türstock gehen; immer, wenn das Telefon klingelt; immer, bevor Sie etwas trinken, … Wenden Sie das Kohärenztraining an, wenn Sie negative Emotionen wie Ärger oder Angst spüren, wenn Konfliktgespräche anstehen, wenn Sie nicht einschlafen können, wenn Sie Sorgen haben, wenn traumatische Erinnerungen auftauchen, wenn sie wichtige Entscheidungen fällen müssen, kreative Ideen brauchen oder neue Antworten suchen. Während Sie sich in Kohärenz befinden, können Sie konfliktbeladene Themen aus einem umfassenderen und ausgewogeneren Blickwinkel betrachten. Einsichten des Herzens sind oft sehr subtil. Vergleichen Sie die Lösungen, die sich aus der Sichtweise des Herzens ergeben, mit solchen, die Ihnen Ihr Verstand vorschlägt.
Literatur:
Childre, D., & Martin, H. (2000). Das HeartMath Buch: Emotionale Intelligenz durch Herzintelligenz. München: Goldmann Verlag.
Dahlke, R. (2016). Die Heilkraft des Herzens: Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Herzintelligenz. München: C. Bertelsmann Verlag.
Pearsall, P. (2001). Herzintelligenz: Wie das Herz unser Leben steuert. München: Droemer Knaur.
Raß, K.-H. (2015). Herzkohärenz: Die Physik der Herzschwingungen. Stuttgart: Schattauer Verlag.
Rozman, D., & McCraty, R. (2010). Die Kraft der Herzensintelligenz: Wie Sie Ihren Herzrhythmus nutzen können, um Stress abzubauen und zu innerer Ruhe zu finden. München: Kösel Verlag.
Schulz, J. (2018). Herzfrequenzvariabilität: Das Zusammenspiel von Herz und Gehirn verstehen und nutzen. Berlin: Springer Verlag.
Sie vermuten richtig: Das wird ein politischer Artikel. Und das ist verwunderlich, denn um dieses Thema mache ich üblicherweise einen großen Bogen. Ich habe überhaupt keine Lust, über Politik oder Demokratie zu schreiben, weil darüber wohl alles gesagt und geschrieben wurde, was gesagt werden muss. Viel lieber schreibe ich darüber, wie Menschen herausfinden, was sie gut können und gerne tun und damit persönlich wachsen, wertvolle Mitglieder der Gesellschaft werden und ihren Beitrag dazu leisten, unseren Planeten zu schützen. Aber wie soll man darüber schreiben, während das Fundament bereits von Wellen umspült wird und dem Gebäude der Einsturz droht?
Die Debatte darum, wer welcher Partei in Österreich bei der heuer anstehenden Nationalratswahl die Stimme geben wird, verursacht mir Bauchgrimmen und scheint eine Wahl des kleineren Übels zu werden. Denn wem wollte man noch sein Vertrauen schenken?
Das Hauptproblem der aktuellen Demokratien scheint der zunehmende Machtverlust der Bürger gegenüber der Staatsmacht zu sein. Die Menschen fühlen sich ausgeschlossen, betrogen und bestohlen. Umfragen zeigen, dass der überwiegende Teil der Öffentlichkeit in den westlichen Ländern Europas der Meinung ist, dass politische Parteien korrupt sind. Und damit haben wir ein weiteres schwerwiegendes Problem, denn es stellt sich zudem die Frage, wie viel Macht unsere Regierungen eigentlich noch haben.
Aber was soll man tun? Gar nicht mehr wählen gehen? Das Ansinnen ist durchaus verständlich und weshalb sollte man nicht auch das Recht haben politisch zu streiken? Das Problem lässt sich mit dieser Verweigerungshaltung allerdings nicht lösen.
Fragen und Zuhören – aber richtig
Es ist an der Zeit, neue Wege zu finden, um die Stimme des Volkes zu hören. Im Moment gibt es dafür vor allem Wahlen, Volksabstimmungen und Meinungsumfragen. Aber dort werden keineswegs die richtigen Fragen gestellt. Was nützt es, wenn man sich bei der Wahl eines Kandidaten zwischen Teufel und Beelzebub entscheiden oder bei einer Umfrage nur mit „Ja“ oder „Nein“ stimmen kann?
Stellen Sie sich vor, es ist sechs Uhr abends, eine Mutter bereitet gerade das Abendessen für die Familie zu, die Kinder rufen nach Hilfe bei den Hausaufgaben, quengeln, weil sie lieber noch draußen spielen würden, der Vater ist geschafft von einem stressigen Arbeitstag und in diesem Moment klingelt das Telefon. Das Meinungsforschungsinstitut möchte, dass man sich unvorbereitet zu einem Thema äußert, von dem man meist ohnehin nicht viel weiß. „Was denken Sie über die Neuerungen in der Asylpolitik?“ „Äh, … keine Ahnung. Ich bin dagegen.“ Auf diese Weise werden tausende Personen befragt und die Ergebnisse fließen in die politischen Entscheidungen mit ein.
Viel interessanter, als zu wissen, was Menschen denken, wenn sie nicht denken, wäre, was sie zu sagen haben, wenn sie die Gelegenheit haben, sich mit dem Thema zu befassen. Das Instrument dafür könnte die Deliberative Demokratie sein. Bei diesem Verfahren werden Bürger zu einem Treffen mit Fachleuten eingeladen, um sich umfassend zu informieren, auszutauschen und zu diskutieren. Danach (und manchmal zum Vergleich auch davor) werden sie nach ihrer Meinung gefragt. Und diese Antworten sind wesentlich differenzierter und wohlüberlegt.
Gibt es das schon irgendwo? Ja, beispielsweise im Erdölstaat Texas, mit erstaunlichem Ausgang. Bei einer Fachtagung mit ausgelosten Bürgern wurde die Frage gestellt: „Würden Sie eine leicht erhöhte Stromrechnung in Kauf nehmen, damit erneuerbare Energien ausgebaut werden können?“ Wie zu erwarten, hatten wenige Leute Lust dazu. Während der Tagung, bei der es zahlreiche Informationen zu umweltfreundlichen Energien, Klimawandel, Umweltzerstörung, etc. gab, stieg die Zahl derer, die bereit waren etwas mehr zu zahlen, ständig. Heute ist Texas der amerikanische Bundesstaat mit den meisten Windrädern. Wie wäre die Entscheidung wohl gefallen, wäre diese Frage allein von den gewählten Politikern besprochen worden, die natürlich die Interessen der Erdölindustrie miteinbezogen hätten?
Wie könnte ein Ausblick in die Zukunft aussehen? Im Westen kennen wir die Demokratie schon seit 3000 Jahren, Wahlen hingegen erst seit 200 Jahren. Es gibt zahlreiche demokratische Traditionen, die schon vor den Wahlen bestanden. Vielleicht ist deren Zeit nun vorbei. Der Informationsfluss ist in rasantem Tempo gestiegen, ebenso wie die Zugänglichkeit. Damit ist zum ersten Mal in der Geschichte die Möglichkeit gegeben, die Bevölkerung auf ganz andere Weise zu Wort kommen zu lassen.
Repräsentativ durch das Zufallsprinzip
Eine Möglichkeit ist das Losverfahren, wie es von Schöffengerichten bekannt ist. Es garantiert uneingeschränkt die Norm der Gleichheit aller Teilnehmer. Alle Bürger, ob arm oder reich, weiblich oder männlich, jung oder alt, gesund oder krank, Unternehmer, Beamter oder Arbeiter hätten in der Demokratie die gleiche Chance, durch das Los gezogen zu werden. Kein Teilnehmer könne über eigenes ökonomisches, soziales oder kulturelles Kapital seine Chancen erhöhen, sich Vorteile gegenüber anderen verschaffen und den Ausgang beeinflussen. Natürlich ist das System nicht perfekt, aber die Schöffen nehmen im Allgemeinen ihre Aufgabe sehr ernst und machen sich kundig, ehe sie eine Entscheidung treffen, die sowohl der Justiz als auch der Gesellschaft gerecht wird. Kombiniert man das Losverfahren mit der Deliberativen Demokratie, kommen wesentlich bessere Entscheidungen zustande, als unsere gewählten Parteien sie zu treffen imstande sind.
Ein Beispiel: In Irland wurde 2014 ein Verfassungskonvent veranstaltet. Ein Gelegenheitsparlament, bestehend aus 33 irischen Abgeordneten und 66 ausgelosten Durchschnittsbürgern sowie einem Vorsitzenden beriet sich 14 Monate lang über acht Artikel der irischen Verfassung. Die Diskussionen wurden im Internet übertragen und die Bevölkerung war aufgerufen, sich zu beteiligen und ihre Beiträge zu schicken. Eines der überraschenden Ergebnisse: Im erzkatholischen Irland wurde offiziell empfohlen, den Verfassungsartikel zu ändern, um eine gleichgeschlechtliche Ehe zu legalisieren.
Die isländische Revolution von 2008 war eine beispiellose Bewegung, die aus der globalen Finanzkrise heraus entstand und eine einzigartige Kombination aus Bürgerprotesten, politischem Wandel und dem Einsatz neuer Technologien zur politischen Partizipation darstellte.
Eine der innovativsten Maßnahmen, die während dieser Zeit ergriffen wurden, war die Entscheidung, eine neue Verfassung zu erstellen – eine, die nicht von Politikern oder Experten, sondern von den Bürgern selbst entwickelt wurde. Um dies zu erreichen, nutzte Island Crowdsourcing-Techniken, um Ideen und Vorschläge von Tausenden von Bürgern zu sammeln. Durch Online-Plattformen und öffentliche Versammlungen hatten die Isländer die Möglichkeit, direkt an der Gestaltung ihrer Verfassung teilzunehmen.
Doch wo soll man anfangen? Müssten Maßnahmen wie die Einführung eines Losverfahrens oder einer Deliberativen Demokratie nicht von der politischen Führung selbst in Gang gesetzt werden? Ist die Regierung überhaupt daran interessiert, dass das System sich ändert? Und falls ja, wäre sie in der Lage, das zu tun, entgegen der Interessen von Wirtschaft und Finanz, im Würgegriff der kommerziellen und sozialen Medien?
Dabei wäre Demokratie doch ganz simpel: Bürger setzen sich zusammen, fragen sich, was es für ein gutes Leben braucht und treffen gemeinsam Entscheidungen für die Zukunft der Gesellschaft. Das nennt sich dann übrigens Dialog.
Mündig werden. Sein Schicksal in die Hand nehmen.
Mit zunehmender Kluft zwischen arm und reich wird es mehr und mehr Bürger geben, die „Nein“ sagen, etwa dadurch, dass sie bewusst nicht mehr wählen. Gleichzeitig gibt es jedoch auch Gruppen, die beginnen, sich selbst zu organisieren, um für demokratische Rechte zu sensibilisieren, neue Regeln für die Gemeinschaft ausarbeiten und anstatt sauer zu sein und zu kritisieren, selbst den Wandel herbeiführen, den sie sich wünschen. Man denke etwa an die verfassungsgebenden Werkstätten oder die kunterbunten Graswurzelbewegungen. Was wir brauchen ist eine Koalition von Menschen guten Willens, sowohl in der Bevölkerung, als auch in der Politik und der Wirtschaft.
Und damit erreichen Gemeinden und Städte einen ganz neuen Stellenwert in der Demokratie als treibende Kräfte. Demokratien haben sich immer schon vom Lokalen zum Globalen entwickelt und dies könnte eine Zeit der Renaissance sein. In Athen hätte wohl kaum jemand geglaubt, dass es eines Tages Demokratien mit einer Milliarde Menschen wie in Indien geben würde.
In Kuttambakkam, einem kleinen Dorf im Bundesstaat Tamil Nadu in Südindien, wurde die bemerkenswerte Geschichte eines selbstverwalteten Dorfes geschrieben. Diese Geschichte zeigt, wie die Bewohner eines Dorfes sich zusammenschließen können, um ihre Gemeinschaft selbst zu regieren, ohne auf externe politische Strukturen angewiesen zu sein.
Die Bewohner von Kuttambakkam wurden lange Zeit von landwirtschaftlichen Problemen, Armut, Müll, Analphabethentum und mangelnder Infrastruktur geplagt. In den späten 1990er Jahren beschlossen sie jedoch, sich dieser Herausforderungen gemeinsam zu stellen und eine neue Form der Selbstverwaltung zu schaffen.
Die Dorfbewohner organisierten sich in Selbsthilfegruppen und begannen, lokale Ressourcen zu nutzen, um die Lebensbedingungen im Dorf zu verbessern. Sie bauten Straßen, Schulen und Brunnen, starteten Programme zur Förderung der Landwirtschaft und verbesserten die Gesundheitsversorgung. Diese Bemühungen waren weitgehend von den Dorfbewohnern selbst finanziert und durchgeführt, wobei sie auf traditionelle Wissenssysteme und kollektive Entscheidungsfindung zurückgriffen.
Ein entscheidender Moment in der Geschichte von Kuttambakkam war die Einführung des Konzepts der Gram Sabhas, lokaler Versammlungen, in denen alle Dorfbewohner zusammenkommen, um über Angelegenheiten zu diskutieren, die ihr Dorf betreffen, und um gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Diese Gram Sabhas wurden zu einem wichtigen Forum für die demokratische Teilhabe der Dorfbewohner und ermöglichten es ihnen, ihre Stimme in lokalen Angelegenheiten zu erheben und ihre eigenen Prioritäten zu setzen.
Durch ihre kollektiven Anstrengungen und ihre Beteiligung an der Selbstverwaltung konnten die Bewohner von Kuttambakkam eine nachhaltige Entwicklung in ihrem Dorf fördern und eine starke Gemeinschaft aufbauen, die auf Solidarität und gegenseitiger Unterstützung basiert. Ihre Geschichte zeigt, wie die Ideale der Selbstverwaltung und der lokalen Demokratie verwirklicht werden können, wenn die Bürger sich aktiv für ihre Gemeinschaft einsetzen und gemeinsam an Lösungen arbeiten.
Texas. Irland. Island. Indien. Sie haben natürlich recht. Das ist alles so weit weg. Deshalb zuletzt noch ein Beispiel aus unmittelbarer Nähe, nämlich die umtriebige Stadt Lindau, in der ich letzte Woche bei einer Projektschmiede mitdenken durfte. Seit 2018 sind dort etliche Projekte der Bürgerbeteiligung entstanden, die hier dokumentiert sind.
Die stille Revolution
Vielleicht ist das, was gerade auf der ganzen Welt passiert, eine stille Revolution. Millionen von Menschen warten nicht mehr auf eine Genehmigung von oben, sondern krempeln die Ärmel hoch und machen sich an die Arbeit. Gemeinschaftsgärten entstehen, alternative Energiesysteme werden im Selbstbau erstellt, das Schulsystem reformiert, Komplementärwährungen eingeführt, es wird repariert, recycelt, selber gemacht.
Das Problem ist nicht, dass wir die Lösungen für die Probleme im Kleinen und Großen nicht kennen würden. Die Schwierigkeit ist, die Bevölkerung in größerem Umfang zu inspieren und zu motivieren, aktiv zu werden und die Sache in Angriff zu nehmen. Und das bedeutet auch, dass wir wieder lernen müssen zusammen zu arbeiten. Es gibt viele Gruppen von Aktivisten, die sich irgendwann zerstritten haben. Das ermüdet und bringt uns nicht dahin, wo wir hinwollen. Der Wandel erfordert gemeinsame Visionen, Mut etwas zu riskieren, Neues auszuprobieren, einander zu unterstützen, kreativ zu sein, eine lebenswerte Zukunft zu erträumen und miteinander zu feiern. Dragon Dreaming ist (mehr als) eine Methodensammlung, die diese Kompetenzen pflegt und würdigt und dabei lebendige, beflügelnde Projekte entstehen lässt.
Für oder gegen?
Es gibt zwei Arten, seiner Politikverdrossenheit Luft zu machen. Man kann viel Zeit und Energie einsetzen, um zu kritisieren und Kampagnen zu organisieren, die vielleicht irgendwann mehr oder weniger dazu führen, dass die richtigen Maßnahmen ergriffen werden.
Oder man könnte sagen, wie Rob Hopkins es ausdrückt: „Macht doch einfach was ihr wollt. Aber seid euch darüber im Klaren, dass es überall auf der Welt Leute gibt, die anfangen so zu leben, wie es für ein gutes Leben für alle notwendig ist. Und während sie das tun, knüpfen sie Freundschaften, haben Spass, gründen Unternehmen, essen gut, trinken selbstgebrautes Bier, zahlen für ihren Strom weniger und fühlen sich als Teil einer historischen Bewegung. Ihr könnt euch dafür einsetzen diesen Prozess zu unterstützen, aber macht einfach was ihr wollt, denn es passiert mit oder ohne euch. Es ist eine stille Revolution. Und wenn euer Herz es befiehlt: Dann macht doch einfach mit.“
(Dieser Artikel ist übrigens inspiriert von einem Kinobesuch am Spielboden entstanden. Schon der Auftakt zum Film war bemerkenswert, denn die beiden Mitorganisatoren haben ganz unterschiedliche Ansätze, die Welt zu verändern: die einen protestierend, die anderen unterstützend. Grund genug einander in die Haare zu geraten. Aber statt dessen gab es eine wertschätzende Vorstellung der beiden Ansätze. Sowohl der Film wie auch das Buch zum Film sind in der Vorarlberger Landesbibliothek entlehnbar.)
List, Christian & Sliwka, Anne. (2004). »Deliberative Polling« als Methode zum Erlernen des demokratischen Sprechens. ZfP. 10.5771/0044-3360-2004-1-87.
Hören begleitet mich schon mein ganzes Leben. Um als Kind herauszufinden, wie die Welt funktioniert, musste ich gut zuhören. Als ich die Welt bereiste, um sie kennenzulernen, war es wichtig, zuzuhören. Als Psychologe lernt man auf tiefsten Ebenen zu hören. In der Kommunikation mit meinen Eseln ist Hören unabdinglich. Ein Kind, dem man nicht zuhört, wird seelisch krank. Eine Partnerschaft zerbricht, wenn man einander nicht zuhört. Wer auf seinen Körper nicht hört, bekommt irgendwann die Rechnung präsentiert. Was passiert, wenn man der Natur nicht zuhört, spüren wir jeden Tag.
Im Moment leben wir weltweit in kritischen Zeiten. Große Veränderungen und Herausforderungen betreffen uns alle. Bei soviel Unsicherheit, Druck, Angst und Zorn ist Zuhören wichtiger denn je.
Wann immer Sie sich in einer Situation befinden, die unklar oder stressig ist, ist dies der beste Schritt: Hören Sie zu!
Und zwar nicht nur mit den Ohren. Man kann weit mehr Ebenen in die Wahrnehmung miteinbeziehen. Dieses Hören mit allen Sinnen hilft, wenn wir von so vielen widersprüchlichen Informationen aus den Medien überflutet werden, gelassener zu bleiben und Dinge besser einzuschätzen. Gerne stelle ich Ihnen dieses Konzept hier vor, in der Hoffnung, dass es auch für Sie hilfreich ist.
Hören auf vier Ebenen
Wie schnell ist man überfordert, wenn man Nachrichten aus aller Welt verfolgt. Eine Strategie wäre es nun, den Kopf in den Sand zu stecken und einfach nicht mehr zuzuhören. Sie könnten aber auch versuchen mehr zuzuhören. Nicht im Sinne von mehr Zeit. Sondern auf tieferen Ebenen: mit den Ohren, mit dem Körper, mit dem Herz und mit der Seele.
Hören mit den Ohren – die erste Ebene
Unser Gehirn ist so gebaut, dass die hörbare Umgebung ständig gescannt wird, auf alles, was für uns besonders wichtig sein könnte. Diese raffinierte Art des Hörens nennt sich „Cocktail Party Phänomen“. Bestimmt kennen Sie das, wenn sie auf einer überfüllten Party sind, und der Raum erfüllt ist vom Plätschern der Stimmen. Wenn aber jemand in diesem Raum Ihren Namen sagt, werden Ihre Ohren sofort die Aufmerksamkeit darauf lenken. Bei Tieren kann man dieses Hören mit den Ohren gut beobachten: Katze, Hund, Esel drehen die Ohren in die Richtung eines wahrgenommenen Geräuschs, um darauf mit Freude oder auch Angst zu reagieren.
Die meisten Menschen hören nur auf dieser Ebene, wenn sie überhaupt zuhören. Und sie bleiben dann auf dieser emotionalen Stufe gefangen: in Empörung, Besorgnis, Verzweiflung. Unsere sensiblen Nervenenden stehen unter Dauerstrom. Anstatt nun tiefer zuzuhören, interpretieren wir das als Angriff und fangen an uns zu wehren oder zurückzuschreien. Das erschreckt aber wieder andere, die jetzt mehr denn je beunruhigt sind. Der Teufelskreis nimmt seinen Lauf. Konflikte eskalieren, Schuldzuweisungen werden laut, Mitgefühl erlischt. Hören mit den Ohren ist nur der Anfang.
Hören mit dem Körper – die zweite Ebene
Wenn wir etwas hören, das uns Angst oder Stress macht, bemerken wir, wenn wir unsere Aufmerksamkeit darauf lenken, auch normalerweise unbewusst ablaufende körperliche Reaktionen: Die Muskelspannung steigt, der Herzschlag wird schneller, der Blutdruck erhöht sich, die Atemzüge werden kürzer und flacher, die Körpertemperatur verändert sich.
Sobald wir diese körperlichen Reaktionen bemerkt haben, können wir sie auch verändern. Etwa, indem wir tief und ruhig atmen. Indem wir unsere verspannten Muskelpartien kurz und kräftig anspannen und dann völlig entspannen. So lassen Sie Ihren Körper wissen, dass keine unmittelbare Bedrohung ansteht.
Mit dem Hören auf der Körperebene durch Achtsamkeit, Ruhe und Konzentration auf das Hier und Jetzt verändert sich die Erfahrung des Hörens gravierend. Wo wir anfangs einen Angriff befürchteten, kann sich nun zeigen, was nicht so offensichtlich ist. Wir können uns einfühlen in jemanden, der erschrocken, erschöpft oder gestresst ist. Durch diese Einsicht gewinnen wir selbst mehr Ruhe durch Verstehbarkeit und Handhabbarkeit. Und während wir uns selbst mehr entspannen, schaffen wir auch eine sicherere Umgebung für den anderen, der sich dadurch beruhigen kann.
Hören mit dem Körper erlaubt uns den emotionalen Ton mit erstaunlicher Genauigkeit aufzunehmen. So wird eine ganz andere Wahrheit einer Situation offenkundig. Wir werden bemerken, wo Worte jeglicher Logik trotzen oder wo wir manipuliert werden.
Hören mit dem Herzen – die dritte Ebene
Wenn wir die Absichten anderer Menschen erkennen, können wir entscheiden, wie weit wir unser Herz öffnen wollen. Wenn wir zuhören und langsam und rhythmisch atmen, können wir mit unserem physischen Herzen spüren, welche Reaktion eine kluge ist.
Wenn Sie etwas Wichtiges hören, überprüfen Sie, ob Ihr Herz vorwärts oder rückwärts gehen will. Wenn Sie belogen werden, kann es sein, dass Sie den Wunsch verspüren, wegzulaufen. Wenn jemand die Wahrheit sagt, oder etwas, das für Ihr Wohlbefinden gut ist, können Sie eine magische Anziehungskraft spüren. Das Herz kann einem dabei ganz leicht werden. So ein offenes Herz kann andere beruhigen. Je mehr Herzen sich in der Kommunikation öffnen, desto sanfter und mitfühlender werden wir miteinander umgehen. Eine Anleitung zu diesem Hören mit dem Herzen finden Sie in meinem Artikel über Herzkohärenz.
Hören mit der Seele – die vierte Ebene
Je mehr man dem ersten Impuls des Hörens mit den Ohren auch die Ebenen des Körpers und des Herzens hinzufügt, umso mehr verbindet man sich mit etwas, das Carl Gustav Jung das Kollektive Unbewusste nannte. Es ist, als ob man sich mit einer universellen Weisheit verbindet, die körperliche Grenzen verschwimmen lässt.
Wenn ich mit jemandem nicht konform gehe, erlaubt mir dieses Zuhören der Seele, dessen Verwirrung oder Schmerz zu erkennen. Das bedeutet nicht, seine Meinung zu ändern, etwa wenn man Hass oder Vorurteile hört. Aber es bedeutet, dass ich mit weniger Angst und mehr Bewusstsein zuhöre, weil ich erkenne, dass ein sinnloser Angriff eine viel schwächere Kraft als Mitgefühl ist.
Wenn ich mit meinen Ohren, meinem Körper und meinem Herzen zuhöre, bringe ich die Seele zum Schwingen und verbinde mich auf einer höheren Ebene mit Millionen Menschen, die sich weigern, der Angst und Verbitterung nachzugeben. Menschen, die hassen, mögen verletzt, wütend und beharrlich sein. Trotzdem ist es auch ihr Ziel, eine Welt zu schaffen, die sicher und gerecht ist und auf der ein glückliches Leben für uns alle möglich ist.
Hören auf allen Ebenen ist die Eintrittskarte
Wenn Sie also als erste Reaktion auf eine Nachricht erschrecken oder Angst bekommen, nehmen Sie ein paar tiefe Atemzüge, entspannen Sie nacheinander alle Muskelpartien und unterbrechen Sie so die reflexartige Attacke. Lauschen Sie auf die Eingebungen Ihres Herzens und Ihrer Seele. Nehmen Sie diese tiefere Einsicht über sich selbst, Ihr Gegenüber und Ihre Mitmenschen in aller Welt wahr.
Wenn ich an Zeiten denke, in denen ich intensiv auf diese Weise mit Patienten gearbeitet haben, stelle ich fest, dass dies auch Zeiten großen persönlichen Wachstums waren. Während man genau zuhört, wird man reifer, fähiger und vielleicht auch lebensweiser.
Vielleicht sind diese unsicheren, ereignisreichen Zeiten, die wir gerade durchleben, auch ein Geschenk für uns alle: Eine Zeit, in der wir lernen müssen, richtig zuzuhören und damit auch persönlich und gesellschaftlich wachsen.
Vollständiges Hören auf allen Ebenen bringt uns über unsere Grenzen hinaus und birgt die Chance auf eine neue Stärke. Keine Macht über andere. Sondern eine Kraft für uns alle. Richtiges Hören verbindet uns, indem es uns vom Schaden und Zerstören zum Frieden lenkt. So mag es tröstlich sein, dass die Fremdheit und das weltweite Aufbäumen der Natur, so katastrophal es erscheinen mag, auch nutzen kann, um eine sicherere, friedlichere, bessere Welt zu schaffen.
Literatur
Zuhören e.V. [Hrsg.: Volker Bernius und Hans Sarkowicz]. Ganz Ohr: Interdisziplinäre Aspekte des Zuhörens. Edition Zuhören, Band 1. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 2002.
Niekerken, Anja. „Das Geheimnis richtigen Zuhörens: Wie Sie erfolgreicher und besser kommunizieren.“ 2020. Verfügbar unter: https://permalink.obvsg.at/vlb/VLB1167899. Zugriff am 13.4.2024.
Fragen ist eine transformative Kraft, die tief in unserer menschlichen Natur verankert ist. Sie erweitert den Horizont unserer Gedanken und lässt uns neue Perspektiven entdecken.
Fragen sind nicht nur Werkzeuge des Wissens, sondern auch Katalysatoren für Reflexion und Selbstentdeckung. Sie öffnen Türen zu unbekannten Welten und ermöglichen es, uns selbst und die Welt um uns herum besser zu verstehen.
In Max Frischs „Fragebogen“ werden Fragen als Mittel zur Selbsterforschung eingesetzt, um die Tiefe der menschlichen Existenz zu erkunden. Sie fordern uns heraus, unsere Überzeugungen zu hinterfragen, unsere Werte zu überdenken und unsere Identität zu reflektieren.
Die Magie des Fragens liegt nicht nur in den Antworten, die wir erhalten, sondern auch in den Prozessen des Fragens selbst. Es ist ein Akt der Neugierde, der Offenheit und des Mutes, der es uns ermöglicht, die Grenzen unseres Wissens zu überschreiten und uns auf eine Reise der Entdeckung zu begeben.
Fragen offenbaren die unendliche Komplexität des Lebens und erinnern uns daran, dass die Suche nach Antworten ebenso wichtig ist wie die Antworten selbst. Sie laden uns ein, immer weiter zu fragen, zu erkunden und zu wachsen, und in diesem Prozess finden wir die wahre Essenz dessen, was es bedeutet, menschlich zu sein.
Der einführende Artikel zum Dialog:
Frage für den Dialog:
Was halten Sie für die wichtigste Frage (die wichtigsten Fragen), die wir uns im Moment stellen sollten?
Besonders bei schwierigen Fragen des Lebens sind wir gerne auf der Suche nach einfachen Antworten. Wir fragen unsere Freunde, unsere Familie, durchstöbern Google und YouTube oder plündern die Bibliothek. Wenn wir gar nicht weiterkommen, fragen wir Fachleute und Experten. Schlussendlich können uns andere jedoch nicht die Antwort auf Fragen zu unserem Leben geben. Denn diese liegt in uns selbst. Schon Sokrates war überzeugt davon, dass Fragen sehr wichtig sind: Nämlich um durch Einkehr und Innenschau zur Selbsterkenntnis zu kommen.
Dementsprechend sind Patienten, die meine Praxis aufsuchen, anfangs manchmal geschockt. Denn sie wollen doch nur eine einfache Antwort.
Wie werde ich meine überflüssigen Pfunde los?
Wie kann ich leicht und einfach das Rauchen aufgeben?
Wie kann ich meinen Stress bewältigen?
Was kann ich gegen meine Schlafstörungen tun?
Was kann ich tun, um glücklich, gesund, entspannt, … zu werden?
Natürlich gibt es dazu Patentrezepte (auch im stofflichen Sinne). Und Leitlinien, nach denen Patienten in Schubladen zu kategorisieren und zu behandeln sind. Aber führt das zum erwünschten Erfolg?
Wohl kaum, denn jeder Mensch ist einzigartig und verschieden und es gibt nicht die Therapie. Denken Sie nur an Gewichtsprobleme. Natürlich: „Iss weniger und beweg dich mehr“ scheint die Lösung zu sein, die auf der Hand liegt.
Aber warum isst derjenige denn mehr, als ihm guttut?
Ohne unzensierte Innenschau und Selbsterkenntnis verpuffen alle wohlgemeinten Ratschläge im Nichts. Selbstverständlich ist es wichtig, die passende Ernährungsform zu finden, ein gutes Maß an Bewegung ins Leben zu bringen, Mangelzustände auszugleichen. Aber gleichzeitig muss der Blick auch auf die Hintergründe gerichtet werden, die uns Gewichtsprobleme, die uns krank, unglücklich, gestresst machen. Erst damit wird Heilung nachhaltig.
Wer auf diese Weise seine Probleme löst, ist nicht mehr angewiesen auf sogenanntes Expertentum. Man trifft auf den inneren Arzt in sich selbst und beginnt, die Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Diese Freiheit ist für viele ungewohnt, leben wir doch ein Leben, das von Normen, Regeln und Vorschriften flankiert ist. Aber sie birgt ein Potenzial in sich, dass sich weit über die medizinische Komponente hinaus erstreckt.
Freiheit durch Selbstverantwortung
Die Antworten, wie ein gutes, zufriedenes, selbstbestimmtes Leben gelingen kann, liegen in uns selbst. Wagen Sie sich doch mal an ein paar einfache Fragen heran, die jeden betreffen. Sie stammen aus einem Buch, das ich immer wieder mal gerne durchblättere: „Fragebogen“ von Max Frisch. Es ist 1972 erstmals bei Suhrkamp erschienen und besteht ausschließlich aus zeitlosen Fragen, die in 11 Bereiche unterteilt sind. Diese drehen sich um die Themen Erhaltung des Menschengeschlechts, Ehe, Frauen, Hoffnung, Humor, Geld, Freundschaft, Vatersein, Heimat, Eigentum und Tod. Die Antworten bleiben dem Leser überlassen – was die Lektüre so unwiderstehlich macht.
Einige ausgewählte Fragen:
Wem wären sie lieber nie begegnet?
Wären Sie gerne als Kind anderer Eltern, auf einem anderen Kontinent oder in einem anderen Land geboren worden?
Wenn Sie die Macht hätten zu befehlen, würden Sie auch etwas anordnen, das gegen den Willen der Mehrheit wäre?
Was meinen Sie, nimmt man Ihnen übel?
Gesetzt den Fall, Sie haben noch nie einen Menschen umgebracht: Wie erklären Sie sich, dass es noch nie dazu gekommen ist?
Hätten Sie von sich selbst aus die Ehe erfunden?
Wann macht Sie die Ehe eher nervös:
im Alltag?
auf Reisen?
wenn sie allein sind?
in Gesellschaft?
unter vier Augen?
abends?
morgens?
Meinen Sie erraten zu können, wie Ihr derzeitiger Partner die obigen Fragen beantwortet hätte?
Möchten Sie, dass Ihr Partner weiß, wie Sie die obigen Fragen beantwortet haben?
Tun Ihnen Frauen leid? Warum? Warum nicht?
Was bezeichnen Sie als männlich?
Möchten Sie Ihre Frau/Ihr Mann sein?
Hoffen Sie, angesichts der derzeitigen Weltlage:
auf die Vernunft?
auf ein Wunder?
dass es weitergeht wie bisher?
Was erhoffen Sie sich vom Reisen?
Wenn Sie jemanden mit einer unheilbaren Krankheit kennen: Machen Sie ihm dann trotzdem Hoffnung?
Was erwarten Sie im umgekehrten Fall?
Wenn Sie alles Lachen abziehen, das auf Kosten von Dritten geht: Finden Sie, dass Sie oft Humor haben?
Wenn Sie einen Menschen in der Badehose treffen und nichts von seinen Lebensverhältnissen wissen: Woran erkennen Sie nach einer Unterhaltung trotzdem, dass er reich ist?
Haben Sie schon einmal gestohlen?
Bargeld?
Gegenstände (ein Handtuch im Hotel, Blumen aus einem fremden Garten, Kugelschreiber, …)
eine Idee?
Was tun Sie für Geld nicht?
Erleben Sie einen Hund als Eigentum?
Mögen Sie Einzäunungen?
Wogegen sind Sie nicht versichert?
Worauf könnten Sie eher verzichten?
auf Heimat?
auf Vaterland?
auf die Fremde?
Was macht Sie heimatlos?
Arbeitslosigkeit?
Vertreibung aus politischen Gründen?
Karriere in der Fremde?
dass Sie in zunehmendem Maße anders denken, als die Menschen, die den gleichen Bezirk als Heimat bezeichnen, wie Sie?
Haben Sie eine zweite Heimat?
Könnten Sie sich auch eine dritte oder vierte Heimat vorstellen oder bliebe es dann doch wieder bei der ersten?
Und zuletzt: Welche Frage sollte noch gestellt werden? War etwas dabei, dass Sie ins Nachdenken gebracht hat?
Wenn Sie Antworten auf Fragen des Lebens suchen, stellen Sie die richtigen Fragen. Wenn Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen, und vor lauter unterschiedlichen Antworten schon ganz verwirrt sind, lassen Sie sich helfen. Psychologen und auch gute Ärzte sind Experten für Fragen und natürlich auch fürs Zuhören. Der Experte für Ihr gutes Leben sind Sie selbst.
Bessere Gesundheit? Beruflicher Erfolg? Glückliche Beziehungen? All das ist möglich, wenn Sie auf die Stimme tief in Ihrem Inneren hören.
Der nächste Dialog mit Respekt am 27.4.24 wird sich ganz um das Thema Fragen drehen. Wir würden uns freuen, Sie begrüßen zu dürfen.
Manipulation in Beziehungen meint jede Form von Verhalten, das darauf abzielt, die Gefühle, Gedanken, Handlungen oder Entscheidungen einer Person in einer Partnerschaft zu kontrollieren oder zu beeinflussen, oft, aber nicht immer, zum Vorteil des Manipulators und zum Nachteil des manipulierten Partners. Sie kann verschiedene Formen annehmen und in verschiedenen Kontexten auftreten, sei es in romantischen Beziehungen, Freundschaften, Familien, im schulischen oder beruflichen Kontext und kann sehr subtil sein. Es lohnt sich jedenfalls die Dynamik von Beziehungen genauer unter die Lupe zu nehmen.
Einige Beispiele für Manipulation in Beziehungen sind:
Emotionaler Druck: Ein Partner kann durch Schuldgefühle oder Vorwürfe versuchen, den anderen dazu zu bringen, bestimmte Handlungen auszuführen oder Entscheidungen zu treffen.
Gaslighting: Dies beinhaltet das Verleugnen oder Verdrehen von Fakten, um den Partner dazu zu bringen, seine eigene Wahrnehmung der Realität infrage zu stellen. Das kann dazu führen, dass sich der manipulierte Partner verwirrt, unsicher und abhängig fühlt. Ein hervorragendes Beispiel für Gaslighting schildert der Film „Das Haus der Lady Alquist“ von 1944.
Isolation: Ein Partner kann versuchen, den anderen von Familie, Freunden oder anderen sozialen Kontakten zu isolieren, um die Kontrolle über ihn zu verstärken und ihn abhängiger zu machen.
Passive Aggressivität: Statt offen über Probleme zu kommunizieren, kann ein manipulativer Partner seine Unzufriedenheit oder Frustration auf subtile und indirekte Weise ausdrücken, was es schwieriger macht, Konflikte anzusprechen und zu lösen.
Manipulation von Informationen: Ein Partner kann Informationen zurückhalten oder selektiv preisgeben, um die Wahrnehmung oder das Verhalten des anderen zu beeinflussen.
Finanzielle Kontrolle: Ein Partner kann die Finanzen dominieren und den anderen Partner finanziell abhängig machen, was seine Handlungsfreiheit einschränkt und ihn manipulierbarer macht.
Liebesentzug: Ein Partner könnte Liebe, Zuneigung, Aufmerksamkeit oder sexuelle Intimität zurückhalten, um den anderen dazu zu bringen, bestimmte Handlungen auszuführen oder Entscheidungen in eine gewünschte Richtung zu treffen.
Übermäßiges Lob oder Kritik: Ein manipulativer Partner könnte Lob und Anerkennung verwenden, um den anderen dazu zu bringen, sich erwünscht zu verhalten, oder Kritik einsetzen, um Schuldgefühle zu erzeugen oder das Selbstwertgefühl zu mindern.
Versprechungen und Drohungen: Ein Partner könnte Versprechungen machen, um den anderen dazu zu bringen, zu tun, was er will, oder mit negativen Konsequenzen drohen, wenn der andere nicht kooperiert.
Triangulation: Ein Partner könnte eine dritte Person in die Beziehung einbeziehen, sei es durch Eifersucht erregende Handlungen oder durch das Einholen der Meinung dieser Person, um den anderen zu manipulieren oder zu kontrollieren.
Selbstmitleid: Ein manipulativer Partner könnte Selbstmitleid verwenden, um Sympathie zu erlangen und den anderen dazu zu bringen, sich um ihn zu kümmern oder seine Bedürfnisse über die eigenen zu stellen.
Schuldgefühle induzieren: Ein Partner könnte gezielt Situationen schaffen oder verzerren, um dem anderen das Gefühl zu geben, schuldig zu sein, und ihn so dazu bringen, sich zu entschuldigen oder seine eigenen Bedürfnisse zurückzustellen.
Intellektuelle Manipulation: Ein Partner könnte versuchen, den anderen durch rationale Argumentation oder logische Fallstricke zu überzeugen, seine Position zu akzeptieren oder sein Verhalten zu ändern, selbst wenn es nicht im besten Interesse des anderen ist.
Verleugnung von Autonomie: Ein manipulativer Partner könnte die Autonomie des anderen einschränken, indem er Entscheidungen für ihn trifft oder ihn in die Enge treibt, um seine eigenen Entscheidungen zu treffen.
Eine reife und erfüllende Partnerschaft ist geprägt von Respekt, Vertrauen und gegenseitiger Unterstützung und zeigt sich darin auf gesunde Weise miteinander umzugehen.
Hier sind einige Prinzipien für Interaktionen auf Augenhöhe:
Offene Kommunikation: Stärken Sie die Kommunikation, indem Sie offen und ehrlich miteinander sprechen. Teilen Sie Ihre Gedanken, Gefühle, Bedürfnisse und Erwartungen auf eine respektvolle Weise.
Empathie entwickeln: Bemühen Sie sich, die Perspektive des anderen zu verstehen und Empathie für seine Gefühle und Bedürfnisse zu zeigen. Das bedeutet, aktiv zuzuhören und sich in die Lage des anderen zu versetzen.
Gegenseitiger Respekt: Zeigen Sie Respekt vor den Grenzen, Wünschen und Entscheidungen des anderen. Respektieren Sie auch die Individualität und Autonomie des Partners.
Konstruktives Feedback: Geben Sie Feedback auf eine konstruktive und unterstützende Weise, anstatt kritisch oder abwertend zu sein. Konzentrieren Sie sich auf das Verhalten oder die Situation, nicht auf die Person.
Gemeinsame Entscheidungsfindung: Treffen Sie Entscheidungen gemeinsam, indem Sie offen über Optionen diskutieren und Kompromisse eingehen, um die Bedürfnisse und Wünsche beider Partner zu berücksichtigen.
Grenzen setzen und respektieren: Klären Sie Ihre eigenen Grenzen und respektieren Sie die Grenzen des anderen, um ein Gefühl der Sicherheit und des Vertrauens in der Beziehung aufrechtzuerhalten.
Verantwortung übernehmen: Übernehmen Sie Verantwortung für Ihr eigenes Verhalten, Ihre Entscheidungen und Ihre Gefühle. Vermeiden Sie es, den anderen für Ihre eigenen Probleme oder Emotionen verantwortlich zu machen.
Eigenständigkeit fördern: Ermutigen Sie den Partner, unabhängig zu sein und seine eigenen Interessen, Hobbys und Beziehungen außerhalb der Partnerschaft zu pflegen. Respektieren Sie die individuelle Identität jedes Partners.
Konfliktlösung: Lernen Sie, Konflikte auf konstruktive Weise anzugehen, indem Sie aufeinander zugehen, Kompromisse eingehen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Vermeiden Sie Schuldzuweisungen und suchen Sie stattdessen nach gemeinsamen Zielen.
Wertschätzung und Unterstützung: Zeigen Sie Ihrem Partner Wertschätzung für seine Stärken und bemühen Sie sich, ihn in seinen Zielen und Träumen zu unterstützen. Seien Sie ein unterstützender Begleiter auf seinem Lebensweg.
Authentizität: Seien Sie authentisch und echt in Ihrer Kommunikation und Interaktion mit Ihrem Partner. Zeigen Sie sich so, wie Sie wirklich sind, ohne sich zu verstellen oder eine Fassade aufrechtzuerhalten.
Selbstreflexion: Nehmen Sie sich Zeit für Selbstreflexion und Selbstbewusstsein, um Ihre eigenen Bedürfnisse, Werte und Motivationen besser zu verstehen. Dies ermöglicht es Ihnen, bewusste Entscheidungen zu treffen und effektiver mit Ihrem Partner zu interagieren.
Anerkennung und Dankbarkeit: Schätzen Sie die positiven Aspekte Ihres Partners und zeigen Sie Dankbarkeit für seine Anstrengungen, Beiträge und Qualitäten. Dies stärkt das Gefühl der Wertschätzung und des Zusammenhalts in der Beziehung.
Flexible Anpassung: Seien Sie flexibel und offen für Veränderungen in der Beziehung sowie für unterschiedliche Bedürfnisse und Perspektiven. Seien Sie bereit, sich anzupassen und zu wachsen, um die Bedürfnisse beider Partner zu erfüllen.
Selbstpflege: Nehmen Sie sich Zeit für Selbstpflege und persönliches Wachstum, um Ihre eigene Gesundheit und Zufriedenheit zu fördern. Indem Sie gut für sich selbst sorgen, können Sie auch besser für Ihre Partnerschaft sorgen.
Humor und Leichtigkeit: Nutzen Sie Humor und eine spielerische Herangehensweise, um Spannungen abzubauen und eine positive Atmosphäre in der Beziehung zu schaffen. Lachen und gemeinsame Freude stärken die Verbindung zwischen Ihnen und Ihrem Partner.
Gemeinsame Ziele: Identifizieren Sie gemeinsame Ziele und Träume, an denen Sie zusammen arbeiten können, um ein Gefühl von Sinnhaftigkeit und Zusammengehörigkeit in der Beziehung zu fördern.
Vergebung und Versöhnung: Seien Sie bereit, Fehler und Schwierigkeiten zu vergeben und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, um Konflikte zu lösen und die Beziehung zu stärken. Versöhnung und Vergebung ermöglichen es beiden Partnern, voranzukommen und sich weiterzuentwickeln.
Wachstum und Weiterentwicklung: Bemühen Sie sich kontinuierlich um persönliches Wachstum und Entwicklung sowie um das Wachstum und die Entwicklung Ihrer Partnerschaft. Sehen Sie Herausforderungen als Chancen für Wachstum und Lernen.
Zeit und Aufmerksamkeit: Widmen Sie Ihrem Partner Zeit und Aufmerksamkeit, um eine tiefe Verbindung und Intimität aufrechtzuerhalten. Hören Sie aktiv zu, zeigen Sie Interesse an seinem Leben und seinen Interessen und schaffen Sie bewusst Zeit für gemeinsame Erlebnisse und Erinnerungen.
Das Umsetzen dieser Prinzipien in Ihren Beziehungen hilft eine tiefe, erfüllende und nachhaltige Partnerschaft aufbauen, die auf gegenseitigem Respekt, Liebe und Wachstum basiert.
Wenn Sie erkennen, dass Ihr Partner versucht, Sie zu manipulieren, ist es wichtig, angemessen darauf zu reagieren, um Ihre eigenen Grenzen zu schützen und die Dynamik in der Beziehung zu verbessern. In manchen Fällen mag es notwendig, sich von einem manipulativen Partner zu trennen, insbesondere wenn das Verhalten des Partners ungesund oder gefährlich ist und eine echte Bedrohung für die Sicherheit und das Wohlbefinden darstellt. Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl.
Hier einige Schritte, die hilfreich sind, wenn der Partner manipuliert:
Selbstreflexion: Nehmen Sie sich Zeit, um Ihre eigenen Gefühle und Reaktionen auf die manipulativen Verhaltensweisen Ihres Partners zu überprüfen. Identifizieren Sie, wie Sie sich dabei fühlen und welche Grenzen für Sie verletzt werden.
Klare Kommunikation: Sprechen Sie offen und direkt mit Ihrem Partner über Ihre Beobachtungen und Gefühle. Verwenden Sie dabei „Ich“-Aussagen, um Ihre eigenen Empfindungen zu kommunizieren, anstatt den anderen zu beschuldigen oder zu kritisieren.
Grenzen setzen: Seien Sie entschlossen, Ihre eigenen Grenzen zu setzen und diese klar Ihrem Partner zu kommunizieren. Seien Sie bereit, Konsequenzen zu nennen, wenn Ihre Grenzen weiterhin verletzt werden.
Gesunde Distanz: Erwägen Sie, eine gesunde Distanz zu Ihrem Partner einzunehmen, wenn Sie das Gefühl haben, dass die Manipulation Ihre emotionale oder psychische Gesundheit beeinträchtigt. Dies kann bedeuten, sich zeitweise zurückzuziehen, um sich selbst zu schützen.
Professionelle Hilfe: Wenn die manipulativen Verhaltensweisen Ihres Partners schwerwiegend sind oder die Beziehung stark belasten, erwägen Sie die Inanspruchnahme professioneller Hilfe durch einen Therapeuten, um die Dynamik in der Beziehung zu verstehen und zu verbessern.
Selbstschutz: Priorisieren Sie Ihre eigenen Bedürfnisse und Ihr Wohlbefinden. Nehmen Sie sich Zeit für Selbstpflege und suchen Sie Unterstützung bei Freunden, Familie oder anderen vertrauenswürdigen Personen, um Unterstützung und Perspektive zu erhalten.
Grenzen des Partners respektieren: Respektieren Sie die Grenzen und Bedürfnisse Ihres Partners, aber bleiben Sie gleichzeitig standhaft bei Ihren eigenen Grenzen und Bedürfnissen. Eine gesunde Beziehung beruht auf gegenseitigem Respekt und der Anerkennung der Individualität beider Partner.
Bereitschaft zur Veränderung: Seien Sie offen für Veränderungen in der Beziehung, wenn Ihr Partner bereit ist, sein Verhalten zu reflektieren und zu ändern. Zeigen Sie sich unterstützend bei seinem Bemühen um persönliches Wachstum und Entwicklung.
Sichere Umgebung schaffen: Bemühen Sie sich aktiv, eine sichere und unterstützende Umgebung in der Beziehung zu schaffen, in der beide Partner frei von Manipulation und Kontrolle agieren können.
Manipulation in Beziehungen ist eine uralte Geschichte, die sich in vielen berühmten historischen Beispielen findet und die dramatische Auswirkungen auf Politik, Wirtschaft und Religion haben kann.
Historische Beispiele für Manipulation in Beziehungen:
Politik – Die Beziehung zwischen Cleopatra und Julius Caesar / Marcus Antonius: Cleopatra, die Königin von Ägypten, nutzte ihre Beziehungen zu den römischen Herrschern Julius Caesar und später Marcus Antonius, um die politischen Interessen Ägyptens zu fördern. Sie pflegte strategische Beziehungen zu diesen mächtigen Männern, um die Macht und den Einfluss ihres Landes zu stärken.
Wirtschaft – Die Rothschild-Familie und internationale Finanzbeziehungen: Die einflussreiche Bankiersdynastie nutzte ihre Beziehungen zu verschiedenen politischen Führern und Regierungen, um ihre finanziellen Interessen weltweit auszubauen. Durch geschickte Manipulation von Informationen und Beziehungen konnten sie Einfluss auf wichtige politische Entscheidungen nehmen und ihre wirtschaftliche Macht festigen.
Religion – Die Beziehung zwischen Heinrich VIII. und Anne Boleyn: Heinrich VIII., König von England, manipulierte die religiösen und politischen Strukturen seiner Zeit, um seine Ehe mit Katharina von Aragon zu annullieren und Anne Boleyn zu heiraten. Diese komplexe Beziehung führte zu einer Spaltung mit der römisch-katholischen Kirche und zur Gründung der anglikanischen Kirche in England.
Spionage – Die Beziehung zwischen Mata Hari und verschiedenen einflussreichen Männern: Mata Hari, eine berühmte Tänzerin und Spionin während des Ersten Weltkriegs, nutzte ihre persönlichen Beziehungen zu hochrangigen Militäroffizieren und politischen Führern, um Informationen zu sammeln. Sie nutzte ihren Charme und ihre Verführungskünste, um Männer zu manipulieren und an geheime Informationen zu gelangen.
Persönlicher Vorteil –Kaiserin Sissi und Kaiser Franz Joseph I. von Österreich-Ungarn: Die Beziehung zwischen Sissi und Franz war von Manipulation geprägt, insbesondere seitens Sissi. Sie nutzte ihre Schönheit, ihren Charme und ihre emotionale Instabilität, um den Kaiser zu beeinflussen und ihren eigenen Willen durchzusetzen, einschließlich ihrer Ablehnung des formellen Hoflebens und ihrer Bemühungen um mehr persönliche Freiheit.
Fragen für den Dialog:
Wo erkenne ich Manipulation in meinen Beziehungen?
Der Esel ist in vielen Kulturen als Sinnbild für Frieden bekannt. Seine friedfertige und bescheidene Natur macht ihn zu einem treffenden Repräsentanten für Harmonie und Ausgeglichenheit.
In der christlichen Tradition gilt der Esel als Symboltier für Demut und Sanftmut. Einer der spektakulärsten Ritte der letzten zwei Jahrtausende war wohl der Einzug von Jesus nach Jerusalem. Der gerechte, demütige Friedensfürst reitet nicht etwa säbelrasselnd auf einem mächtigen, waffenstrotzenden Streitross ein, sondern ganz unkonventionell und konsequent wählt er eine sanfte Eselin und ihr Fohlen. Diese Wahl symbolisiert nicht nur Bescheidenheit, sondern auch den Wunsch nach einem friedlichen Miteinander und archetypisch weiblicher Kraft.
Milde, Mitgefühl, Nächstenliebe, Friedfertigkeit sind die revolutionären Botschaften des neuen Königs. Passend zu diesen scheinbar schwachen Verhaltensformen steht ein Tier, das für seine enorme Belastbarkeit bekannt ist und den Weg der Gewaltlosigkeit wählt (indem es sich widerstandslos prügeln lässt und nicht Gewalt mit Gewalt beantwortet).
Die friedliche Natur des Esels zeigt sich in seinem gemächlichen Gang und seiner Gelassenheit. Anders als andere Tiere, die oft als kriegerisch oder streitlustig betrachtet werden, verkörpert der Esel Ruhe und Toleranz.
Darüber hinaus wird der Esel als Symbol für die Verbindung zwischen Mensch und Natur angesehen. Seine enge Bindung zu seinem Umfeld und seine Fähigkeit, auch in schwierigem, kargem Gelände genügsam zu überleben, machen ihn zu einem Vorbild für ein harmonisches Zusammenspiel von Mensch und Natur.
In der heutigen Zeit, in der Konflikte und Spannungen weltweit an der Tagesordnung sind, erinnert uns das Symbol des Esels daran, dass Frieden nicht nur das Fehlen von Krieg bedeutet, sondern auch eine innere Haltung des Respekts, der Toleranz und des Mitgefühls erfordert. Der Esel ermutigt uns, uns mit unserer eigenen friedvollen Natur zu verbinden und nach einem harmonischen Miteinander zu streben.
Eselbegegnungen können uns daran erinnern, dass wir alle Teil eines größeren Ganzen sind und wir durch unser gemeinsames Handeln und Verständnis eine friedlichere Welt schaffen können. Die sanfte Natur des Esels inspiriert, den Weg des Friedens zu gehen und uns gegenseitig mit Freundlichkeit zu begegnen.
„Wie oben, so unten, wie innen, so außen“ lautet das Prinzip der Analogie aus dem Kybalion, der Lehre der sieben hermetischen Gesetze. Das Gesetz besagt, dass alles, was einem Menschen im Außen begegnet, eine Reaktion auf das ist, was in seinem Inneren ist.
Der Weg von inneren Konflikten und Unfrieden führt geradewegs zu Aggression und Gewalt. Indem wir unseren inneren Frieden fördern, tragen wir dazu bei, dass weniger Gewalt in der Welt stattfindet. Friedliche Menschen neigen dazu, gewaltfreie Konfliktlösungen zu bevorzugen und setzen sich für eine friedliche Gesellschaft ein.
Eselbegegnungen lehren uns, dass Gewalt oder Kontrollmechanismen nicht notwendig sind, um eine Beziehung aufzubauen oder ein Ziel zu erreichen. Stattdessen lassen sie erspüren, dass Geduld, Vertrauen und Respekt effektive Mittel sind, um eine harmonische Verbindung zu den Eseln herzustellen. Dadurch kann die Angst vor Kontrollverlust reduziert werden, da man erkennt, dass friedliche und respektvolle Methoden erfolgreicher sind.
Innerer Frieden ist eine grundlegende Voraussetzung, um dauerhaften äußeren Frieden in der Welt zu erreichen. Menschen, die inneren Frieden gefunden haben, können zu einer positiven Veränderung in der Gesellschaft beitragen und eine Welt mit weniger Konflikten und mehr Harmonie fördern.
In der Begegnung mit den Eseln treffen wir auf inneren Frieden. Esel lassen sich nicht beeindrucken von der Rastlosigkeit und Getriebenheit, viel schnell erreichen zu müssen, der unbedingten Vorstellung, die Kontrolle behalten zu müssen, jederzeit auf Knopfdruck zu funktionieren und der Annahme, die Weisheit mit dem Löffel gefressen zu haben.
Stattdessen orientieren sie sich daran: Was macht Sinn? Was ist Unsinn? Muss alles ständig verfügbar sein?
Die Angst vor Kontrollverlust ist eine tief verwurzelte emotionale Reaktion, die in vielen Menschen vorhanden ist. Es ist normal, dass Menschen danach streben, ihre Umgebung zu kontrollieren, um sich sicher zu fühlen. Dennoch kann eine übermäßige Angst vor Kontrollverlust zu Stress, Angstzuständen und anderen psychischen Belastungen führen.
Um mit dieser Angst umzugehen, können verschiedene Strategien helfen, wie Achtsamkeitspraktiken, Selbstreflexion, das Entwickeln von Vertrauen in sich selbst und andere und das Akzeptieren von Veränderung als Teil des Lebens. Es ist wichtig zu erkennen, dass Kontrollverlust nicht immer negativ sein muss und dass es manchmal notwendig ist, Dinge loszulassen und Veränderungen anzunehmen, um inneren Frieden zu finden.
Doch zurück zu den Eseln. Wie sieht denn so eine Eselbegegnung aus, bei der man inneren Frieden gewinnen kann? Wir müssen wohl etwas tun mit ihnen, vielleicht ein Halfter anlegen und sie an den Strick nehmen, ihnen erklären, was zu tun ist und wohin der Weg geht. Da ist Kontrolle gegeben, da erklären wir dem vermeintlich sturen Esel den Tarif, wir gewinnen die Oberhand, wir siegen. Aber kommen da vielleicht auch Bedenken auf? Ist das der richtige Weg? Ist das das richtige Ziel?
Könnte es sein, dass wir vor lauter Vorsicht etwas verstecken und zu verbergen versuchen, das besser nicht an die Oberfläche kommen soll, weil es uns bei einer Begegnung auf Augenhöhe verletzbar machen könnte?
Esel lieben den Frieden. Sie suchen ihn und wenn sie ihn in uns finden, schenken Sie ein Vielfaches davon zurück, potenziert wie eine katalytische Reaktion im Reagenzglas der Emotionen. Während jahrhundertelanger Versklavung haben sie ihre Strategie der Gewaltlosigkeit bewahrt. Ihr Lebenselixier ist die Geborgenheit und der Schutz in der Herde.
Auch wir fürchten ums nackte Sein, egal ob real bedroht oder nicht. Doch die alten reaktiven Muster und scheinbaren Wirklichkeiten führen nur immer noch tiefer in die Abgründe des Krieges und der Gewalt. Die Transformation beginnt leise, sobald wir anfangen, achtsam wahrzunehmen und hinzuschauen, ob das, was uns erschreckt, vielleicht nur Gespenster sind, die uns in Flucht oder Angriff treiben. Wenn wir Zweifel aushalten und innehalten, bis wir unsere ursprüngliche Urteilskraft wiederentdecken, kann sich der Geist beruhigen.
Wenn wir mit den Eseln diesen besonderen Raum teilen, verbunden durch intuitives Wissen, geht es um nichts anderes als innezuhalten und wahrzunehmen. So können beide Seiten abwägen, was sicher und was friedlich ist und einander in einer liebe- und friedvollen Situation begegnen, miteinander eine Umgebung des Friedens schaffen.
Der Friede in mir sei mit dir!
Lesenswertes/Sehenswertes:
Person, Jutta: Esel. Ein Portrait. Naturkunden Nr. 5. Matthes und Seitz. Hamburg, 2013.
James French kreierte die wundervolle „Vertrauenstechnik“, um mit Tieren (und letztlich auch dem Menschen), auf Basis von absoluter Freiheit das Vertrauen herzustellen, das es braucht, um gemeinsam zu liebevoller, friedlicher Koexistenz und wechselseitigem Erblühen zu gelangen.
Sind wir ausgeglichen und in einem wachen und entspannten inneren Zustand, sind wir offen Neues zu lernen – alter Schmerz, auch traumatischer, kann in diesem Zustand heilen – bei Tieren wie Menschen.